An Bord der Expeditionskreuzfahrtschiffe ist meine Berufsbezeichnung wie auch an Land Dolmetscher. Genauer gesagt, bin ich an Bord Mitglied des Expeditionsteams mit Spezialisierung Dolmetschen. Meine Zuständigkeitsbereiche an Bord umfassen also diverse Aufgaben, die zum Teil kaum weiter vom eigentlichen Dolmetschen entfernt sein könnten (siehe andere Beiträge), aber mit meiner Spezialisierung agiere ich als sprachliches Bindeglied zwischen den Gästen und der Besatzung bei Veranstaltungen an Bord. Somit bin ich die deutsche Stimme für KapitänInnen, die Expeditionsleiterung, Kolleginnen und Kollegen , GastwissenschaftlerInnen und das medizinische Personal an Bord. Die größte Herausforderung, aber auch der größte Spaß dabei, sind die Fachvorträge meiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Expeditionsteam. Diese werden zumeist simultan aus dem Englischen ins Deutsche gedolmetscht. Als Hilfsmittel dafür dient eine Personenführungsanlage, wie Sie sie vielleicht auch von Museums- und Stadtführungen kennen. Im Laufe der Zeit kam sogar noch die Möglichkeit des Livestreamings hinzu, sodass die Gäste meine Dolmetschleistungen auch von ihrer Kabine aus hören können. Das war mehr oder weniger mein Einstieg ins Ferndolmetschen.
Wenn die Streamingtechnik einmal nicht funktioniert oder andere technische Schwierigkeiten auftreten, ist Flexibilität gefragt und wir Dolmetscherinnen und Dolmetscher an Bord greifen auf Konsekutivdolmetschen zurück, wie es auch im Titelbild zu sehen ist.
Besonders in Erinnerung werden mir natürlich immer die großartigen Menschen bleiben, für die ich an Bord dolmetschen durfte. Ich hatte in meiner Zeit bei Hurtigruten großartige Kolleginnen und Kollegen, wie zum Beispiel ehemalige Stationsleiter antarktischer Forschungsstationen oder WissenschaftlerInnen, die aktiv Forschungsdaten bspw. zum Beutefangverhalten von Pinguinen erhoben und dafür ein halbes Jahr in Zelten in der Antarktis lebten. Außerdem gab es immer wieder fantastische GastrednerInnen, wie unter anderem Thor Heyerdahl Jr., Sohn des weltberühmten Entdeckers Thor Heyerdahl, der selbst ein namhafter Meeresforscher war.
Dankbar bin ich auch für die enorme Themenvielfalt, mit der ich als Dolmetscher an Bord arbeiten konnte. So habe ich viel gelernt über die Geschichte der Polarregionen, die Flora und Fauna, die dort zu finden ist, sowohl über als auch unter dem Wasser. Natürlich habe ich mir in all der Zeit an Bord auch eine Menge nautische Expertise angeeignet.
Die enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Expeditionsteam und der restlichen Besatzung erleichtern trotz der herausfordernden Arbeitsbedingungen sowohl das Dolmetschen als auch den Alltag an Bord enorm. So konnte ich in der Vergangenheit auch den schwierigsten Wetterbedingungen beim Dolmetschen trotzen und kann mit Stolz behaupten schon einmal in einem Hurricane gedolmetscht zu haben – glücklicherweise ohne seekrank zu werden!
Foto: Kim Rormark